Nepal: Coronahilfe 2021

Corona-Hilfe für Nepal


Die Situation im historischen Verlauf:

Die Covid-19 Pandemie hat Nepal schon in der sogenannten 1. Welle voll erfasst. Nachdem anfangs noch von sehr geringen Infektionszahlen die Rede war, was landläufig auf den geringen medizinischen Standard mit seinen äußerst begrenzten Testkapazitäten in diesem Land zurückgeführt wurde, sicher aber auch den beherzten Maßnahmen wie einem monatelangen, vollständigen "lockdown" mit streng kontrollierten Ausgangssperren, sowie der Schließung des einzigen internationalen Flughafens zuzuschreiben war.


Die Ausgangssperren ermöglichte den Menschen in den Städten lediglich, zwischen 6:00 und 10:00 Uhr morgens ihre Einkäufe zu tätigen. Das müssen die meisten von ihnen auch täglich tun, da sie keine Kühlschränke haben und so auch keine Vorräte anlegen können. Hinzu kommt, dass ein "social distancing" in einem Land wie Nepal schlicht nicht möglich ist, viel zu viele Menschen leben auf engstem Raum zusammen, auf den nur stundenweise geöffneten Marktplätzen herrscht ein dichtes Gedränge.


Sehr vielen Menschen in Nepal leben "von der Hand in den Mund" und litten aufgrund des Ausbleibens insbesondere des Tourismus unter den Beschränkungen erheblich. Staatliche Hilfen gab es so gut wie keine, nur vereinzelt konnten an extrem bedürftige, hilflose Menschen Nahrungsmittelpäckchen verteilt werden.


Im August 2020 änderte sich die Situation jedoch grundlegend. Viele Fremdarbeiter reisten zunächst inoffiziell und später über die wieder geöffneten Landesgrenzen aus den unterschiedlichsten Ländern ein, nachdem sie vorher unter fragwürdigen hygienischen Bedingungen in Auffanglagern interniert waren. Dadurch schossen auch die offiziellen Infektionszahlen in die Höhe, bis auf knapp 6.000 Fälle pro Tag (Nepal hat ca. ein Drittel der Bevölkerung von Deutschland).


In Nepal finden im September/Oktober zahlreiche religiöse Feste statt, im Rahmen derer sich nahezu alle Familien auf den Weg machen, einander zu besuchen. Für viele ausländische Beobachter völlig unverständlicherweise hob die nepalische Regierung die bis dahin bestehenden Reisebeschränkungen vollständig auf. Gleichzeitig wurden die bis dahin kostenlosen PCR-Tests mit einer Gebühr belegt, wodurch die offiziellen Infektionszahlen sicher gedämpft wurden.


Dennoch und im Hinblick auf den medizinischen Standard Nepals erstaunlich: Es kam bis März 2021 nicht zu dem befürchteten Anstieg der Todeszahlen, sie liegt unter den Covid-19-Erkrankten bei knapp über 2.000, eine sogenannte Übersterblichkeit, wie sie in vielen Monaten in Deutschland zu konstatieren war, wurde in Nepal nicht beobachtet. Einige Experten führen das auf das äußerst niedrige Durchschnittsalter in Nepal zurück, wobei davon ausgegangen wird, dass viele menschen symptomfrei erkrankt waren und sich sehr schnell eine so genannte Herdenimmunität entwickelt hat.


Nach Auskunft unserer Freunde und Bekannten in Nepal hatte sich das Leben weitgehend normalisiert. Schulen und Geschäfte wurden schon ab Dezember 2020 wieder geöffnet, viele Menschen, deren Lebensgrundlage bislang auf den Einnahmen aus dem Tourismus bestand, haben sich umorientiert. Die Familienmitglieder, unter denen sich sehr häufig landwirtschaftlich tätige Menschen befinden, unterstützen sich gegenseitig und konnten so eine Hungerkatastrophe vermeiden.


Mit seiner beeindruckenden Flexibilität, seiner Fähigkeit zu pragmatischen Lösungsfindungen und einem starken sozialen Zusammenhalt hatte es dieses Volk in erstaunlich kurzer Zeit geschafft, den Verlust von immerhin knapp 10 % des BIP durch den Wegfall touristischer Angebote zu kompensieren. Die Impfungen haben im Februar auch in Nepal Fahrt aufgenommen, wobei der in Indien in Lizenz produzierte AstraZeneca-als auch ein hinesischer Impfstoff zum Einsatz kommt.


Nachdem das Land relativ glimpflich über die ersten beiden Wellen gekommen ist, hat sich mit Auftauchen der sogenannten indischen Doppelmutante B.1.617 (Delta-Variante) im April 2021 das Blatt gewendet. Während in unseren Medien häufig über die dramatische Situation in Indien berichtet wurde, verlief die Katastrophe in Nepal medial weitgehend unbeachtet. Dabei war die Situation in Nepal noch dramatischer als in dem großen Nachbarland Indien. Stand 19. Mai 2021 lagen die Infektionszahlen pro 1 Million Einwohner in Nepal bei 304, während es in Indien zur gleichen Zeit "nur" 240 sind. Die Positivrate getesteter Personen lag mit deutlich über 50 % weltweit am höchsten. Nur 1 % der Bevölkerung waren im Mai 2021 vollständig geimpft.


Täglich strömten zudem 1000 bis 2000 Arbeitsmigranten über die indische Grenze zurück ins Land und in ihre jeweiligen Heimatdörfer, was zu einer explosionsartigen Verbreitung der hochgradig ansteckenden Virusvariante geführt hat. 


Das Gesundheitssystem brach zusammen, war quasi nicht mehr existent.


Eine Freundin von uns, die als Österreicherin mit ihrem nepalischen Mann und ihrer gemeinsamen Tochter in Kathmandu lebt und dort ein Cafe betreibt, über das fair produzierter und fair gehandelter Kaffee aus Nepal verkauft wird, schrieb am 12.05.21 diese Zeilen:


"Ich überwinde mich, ein kurzes Update über die Situation in Nepal zu schreiben. Wir befinden uns seit 12 Tagen im Lockdown. Gestern wurde er verlängert. Ich habe ein Deja Vu. Letztes Jahr zur gleichen Zeit die gleiche Situation, mit dem einen Unterschied: es ist keine Generalprobe mehr, es ist Grand Premiere.


Letztes Jahr war Chaos an den Grenzübergängen mit hunderttausenden aus Indien zurückkehrenden Nepalis und niemand war vorbereitet. Tausende hungrige Menschen die von heute auf morgen kein Tageseinkommen mehr hatten. Wirtschaft am Boden - aber COVID hat sich in Grenzen gehalten.


Jetzt fürchte ich mich jeden Morgen meine Social Media Nachrichten aufzumachen. Freunde, Familie, Geschäftspartner, Bekannte - Covid wütet und es ist echt. Es ist nicht mehr weit weg sondern mitten unter uns. Jeder ist betroffen, ob arm oder reich, ob in der Stadt oder im Dorf. Das Gesundheitssystem ist kollabiert, die Regierung hat aufgegeben und jeder ist auf sich selber gestellt lebensnotwendigen Sauerstoff, Medizin, Krankenhausbett zu finden.


Wie bereits nach dem Erdbeben, wie bereits letztes Jahr so laufen auch jetzt die freiwilligen Initiativen auf Hochtouren um leere Gaszylinder aufzuspüren, leere Krankenhausbetten zu orten, neue temporäre Stationen einzurichten, online Hilfestellungen was machen wenn man sich daheim isoliert …

 

Wir sind momentan das Land das die am schnellsten wachsenden Infektionszahlen hat. Nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung ist teilweise geimpft und es gibt keine Impfung mehr.

Zusätzlich zu den Leuten die sterben, weil sie nicht oder zu spät behandelt werden können, gibt es auch wieder viele hungrige Menschen die nicht mehr arbeiten können wegen des Lockdowns.


Man sagt Katastrophen bringen den wahren Charakter eines Menschen zutage. Es tut in der Seele weh mit ansehen zu müssen, wie wenig die Nepalesische Regierung Menschenleben schätzt. Auf der anderen Seite gibt es jene die sich selbstlos einsetzen, unabhängig ob sie ihr eigenes Leben riskieren - ich ziehe meine Hut vor ihnen und sage danke.


Für alle die helfen möchten, habe ich eine Liste mit Initiativen erstellt, die absolut fantastische Arbeit leisten. Nepal braucht euch!"


Ähnlich wie im Erdbebenjahr 2015 haben wir unsere Nepalhilfe im Jahr 2021 daher auf Maßnahmen gerichtet, die das bloße Überleben der Menschen sichern.

Neuer Text

Wie haben wir geholfen?

Dem Gesundheitssystem in Nepal mangelte es schon mit Beginn der Deltawelle an fast Allem:


  • Sauerstoff (insbesondere Sauerstoffflaschen, aber auch sog. Konzentratoren)
  • Beatmungsgeräte und Intensivbertten
  • Medikamente zur Behandlung Covid-19-Erkrankter
  • Ausgebildete Ärzte und Krankenhauspersonal
  • Impfstoffe
  • Quarantäne- und Isolierstationen


Hinzu kam, dass der internationale Luftverkehr fast vollständig zum Erliegen kam, was voluntarische Hilfen von ausgebildeten Fachkräften aus anderen Ländern so gut wie unmöglich machte. Sauerstoffflaschen durften aus Sicherheitsgründen nur leer in Flugzeugen transportiert werden, der benötigte Sauerstoff musste also quasi vor Ort produziert werden. Auch der inländische Verkehr war weitgehend zum Erliegen gekommen, medizinische Geräte einschließlich Sauerstoffflaschen sowie Impfstoffe und Medikamente konnten nicht in die besonders betroffenen Krisenregionen transportiert werden. Ausländische Hilfe scheiterte zudem oft an bürokratischen Hindernissen, es kann fast so erscheinen, als ob Korruption selbst in dieser Notlage ein ernst zu nehmendes Problem darstellt.


Wir schätzten die Situation und unsere Möglichkeiten zu helfen im Mai 2021 daher wie folgt ein:


  • Impfstoffe weltweit nicht in ausreichendem Umfang verfügbar
  • Intensivmedizin sehr teuer und mit dem uns zur Verfügung stehenden Budget nicht förderbar
  • Entsendung von Fachpersonal nicht verantwortbar und administrativ blockiert.


Wir haben daher den Ansatz verfolgt dafür zu sorgen, dass Menschen erst gar keine intensivmedizinische Hilfe oder Sauerstoffgaben benötigen. Dazu hatten wir meheren Möglichkeiten recherchiert:


  1. "Home Care" Angebote schaffen für diejenigen, die die Möglichkeit haben, sich daheim zu isolieren und zu versorgen. Hierzu sollen "Home Care Kits" mit Oximeter, Fieberthermometer, Vitaminen, Medikamenten, Desinfektionsmitteln und Informationen zu deren Anwendung bereitgestellt werden. Kosten pro Kit: 5 US$ (ohne Oximeter), bis 20 US$ (mit Oximeter); die Kampagne soll in Westnepal beginnen, wo täglich 1000 - 2000 Nepalis aus Indien zurückkommen.
  2. "Institutional Care" Angebote schaffen für diejenigen, die sich nicht zu Hause isolieren und versorgen können; dafür bedarf es Einrichtungen, die keine Krankenhäuser sind, z.B. einfache Unterkünfte (wie z.B. Schulen, die derzeit gechlossen sind) mit Essen, die von Freiwilligen betrieben werden. Diese Freiwilligen müssten dann adequat entlohnt werden, entweder durch Versorgungsgüter oder mit schmalem Salair (ca. 50 € pro Monat wären angesichts eines staatlich empfohlenen Gehaltes für Ärzte von 00 € sicher ausreichend).
  3. Unterstützung zur Bewältigung von Nebeneffekten der Covidkrise wie z.B. Essen für Menschen. die durch den Lockdown keine Jobs mehr haben. Die Organisation Nepalrising weist aus, für 15 US $ eine 4-köfige Familie 1 Woche mit Nahrungsmitteln versorgen zu können. Telefon-Notrufe und mentale Unterstützung von besonders vulnerablen Gruppen wie schwangeren Frauen oder Frauen mit Neugeborenen sind weitere Aktionsschwerpunkte der einzelnen Organisationen.


Wir hatten mehrere Organisationen kontaktiert, die in diesen Bereichen aktiv sind, und uns für die Unterstützung der Stiftung HAPSA Nepal entschieden. Sie stellen die oben genannten Heimisolations-Kits zusammen und verteilen diese in den besonders hart betroffenen Regionen. Sie bestehen aus:


  • chirurgischen Masken,
  • Pulsoximeter,
  • Thermometer,
  • Seife, Händedesinfektionsmittel,
  • Medikamenten (Vitamin D, Zink, Vitamin C, Paracetamol und Hustensaft),
  • detaillierte Anweisungen zur häuslichen Isolation und Notrufnummern.


Der Kontakt zu dieser Organisation ist über einen unserer Bekannten in Nepal zustande gekommen, Raj Gyawali, den wir als absolut vertrauenswürdigen Akteur in seinem Heimatland kennen. Er garantiert, dass unsere Hilfe genau dort ankommt, wo sie benötigt wird.

Mit unseren Spenden konnten wir mehr als 150 dieser Kits bezahlen. Damit gehörte "Goethe hilft mit e.V." zu den größten Einzelspendern für dieses Projekt.

Share by: